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Ausleitende Verfahren

Ausleitende Verfahren, sind eine Gruppe von Behandlungsmethoden in der Alternativmedizin, die zur Entgiftung der Körpersäfte dienen sollen (von lat. humores, Säfte). Synonym wird auch der Begriff Humoraltherapie verwendet. Auch Aschner–Verfahren genannt nach dem Arzt Dr. Bernhard Aschner (1883 - 1960)

Der Begriff umfasst im engeren Sinn nur die Ausleitungen aus der Haut:
Schröpftherapie
Aderlass
Blutegel
Baunscheidttherapie
Cantharidenpflaster

Die Anwender betonen den Gegensatz zur Schulmedizin und deren "hauteinleitenden" Verfahren ( z.B. Injektionen).
Im weiteren Sinne rechnen Alternativmediziner aber auch alle Methoden dazu, die den Körper von "schlechten Stoffen", Giften, "Schlacken" etc. reinigen sollen, etwa Wickel, Schwitzkuren, Brechmittel, Abführmittel, Diuretika (harntreibende Mittel), Heilfasten usw.

Herkunft
Im Altertum und frühen Mittelalter, bis zur Entdeckung des Blutkreislaufes, stellte sich den Körper als ein amorphes Behältnis von verschiedenen Säften (lat. humores) vor (vgl. Humoralpathologie). Man glaubte, innere Krankheiten würden aufgrund von Ungleichgewichten, Verunreinigungen und Vergiftung dieser Körpersäfte zustande kommen. Hippokrates von Kos z.B. beschrieb Dyskrasien, d.h. schlechte Mischungen von Blut, Lymphe, Galle und Schleim (vgl. Temperamentenlehre). Das Mißverhältnis ist tatsächlich quantitativ zu verstehen. Die vier körperlichen humores standen zudem in Konkurrenz und Wechselwirkung zu den edleren, "seelischen" Flüssigkeiten oberhalb des Zwerchfelles (Tränen, Speichel, Liquor), die spiritus genannt wurden. Das Körperinnere steht über Ausscheidungen und Ausdünstungen mit der Umwelt im Gleichgewicht.
Schon seit der Antike wussten die Ärzte um die krankmachende Wirkung des Überflusses (vgl. Zivilisationskrankheiten). Vor Einführung der allgemeinen Krankenversicherung war die Klientel der akademischen Ärzte überdurchschnittlich wohlhabend, und es lag nahe, Saftüberschuss für ihre Beschwerden verantwortlich zu machen. Mit diesen Vorstellungen versuchten die Heilkundigen, dem Körper krankmachende Säfte auszuleiten. Die Hauptrichtung der Therapie geht von innen nach außen; der Arzt hat für Öffnung, Abfluss, Druckausgleich des verstopften Leibes zu sorgen.
Mit dem zunehmendem Einfluss der modernen Physiologie im Zeitalter der Aufklärung wurde die antike Säftelehre von der Medizin vollständig verlassen. Jedoch blieb sie weiter, bis in die Neuzeit eine Grundlage der Alternativmedizin, wobei ohne die Beschränkungen durch wissenschaftliche Standards auch ganzheitliche, kosmologische Elemente integriert werden: Sterne, Jahreszeiten, Elemente usw. stehen mit den Körpersäften in Kontakt und können "Einfluss" im buchstäblichen Wortsinn (influx) ausüben.
Moderne Therapeuten assoziieren die krankhaften Säfte meist mit Abbauprodukten, Stoffwechselschlacken und endogenen oder exogenen (aus der Umwelt aufgenommenen) Giftstoffen.

Kritik
Der Nachweis, dass die o.g. "Schlacken" und endogenen Giftstoffe sich im Körpergewebe tatsächlich ansammeln und Ursache für Beschwerden sind, konnte bisher nicht erbracht werden. Die Erkrankung aufgrund äußerer Gifte (Amalgam, Umweltgifte etc.) ist nach Auffassung der Schulmedizin nur akzeptabel, wenn die angeschuldigte Substanz in erhöhter Menge im Körper laborchemisch nachgewiesen ist und überdies Symptome und Latenzzeit zu der Substanz passen. In jedem Fall sollten einseitige Diäten, Aderlässe und andere aggressive Behandlungen nur unter Vorsicht und ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden.

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