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Ayurveda

Ayurveda ist die Bezeichnung für eine traditionelle indische Heilkunst. Wörtlich bedeutet Ayurveda "Lebensweisheit". Es stammt aus dem indischen Sanskrit und leitet sich von den Wörtern Ayus (Leben) und Vid (Wissen) ab.

Grundlagen
Ayurveda ist eine Kombination aus empirischer Naturlehre und Philosophie, die sich auf die für menschliche Gesundheit notwendigen physischen, mentalen, emotionalen und spirituellen Aspekte konzentriert, die wichtig für die Gesundheit bzw. Krankheit sind. Dadurch hat Ayurveda einen ganzheitlichen Anspruch, da der ganze Mensch mit einbezogen wird. In der Typologie spricht man von unterschiedlichen Temperamenten oder Energien, den so genannten Doshas:
Vata (Wind, Luft, Pneuma)
Pitta (Feuer und Wasser, Chole)
Kapha (Erde und Wasser, Phlegma)
Diese kommen nach ayurvedischer Vorstellung in jedem Organismus vor. Dabei dominieren meist ein oder zwei Doshas. In einem gesunden Organismus sollten sich diese "Energien" oder "Temperamente" in einem harmonischen Gleichgewicht befinden. Es ist für den Arzt wichtig zu wissen, welche Doshas bei einem Menschen vorherrschen, weil jeder Typ andere Medikamente und Behandlungen benötigt.
Das Ziel der ayurvedischen Heilkunst ist die Vermeidung von ernsthaften Erkrankungen, indem man versucht, den Auslöser der Erkrankung zu verstehen und ungesunde Angewohnheiten abstellt. Dazu gibt es eine Reihe von Behandlungen, die vor allem dem Körper dabei helfen sollen, "sich selbst zu helfen". Bekannt sind etwa die diversen Ölmassagen und das Panchakarma, ein aus 5 Teilen bestehendes Entschlackungs- und Reinigungsprogramm ("Panch", ist Hindi für 5).

Geschichte
Das Alter des medizinischen Systems der Ayurveda ist unbekannt. Als Begründer des Ayurveda wird in einigen Schriften (wie dem Srimad Bhagavata Purana) die mythische Figur Dhanvantari angesehen.
Anzeichen auf ein medizinisches Wissen findet man schon in der Steinzeit. In 2001 machte Professor Andrea Cucina, von der Universität von Missouri-Columbia die Entdeckung, dass die alten Inder von Mehrgarh (im heutigen Pakistan) schon in 8000 bis 9000 v.Ch. zahnärztliche Kenntnisse hatten. Es wurden Zähne gefunden, in die kleine Löcher (mit etwa 2.5 mm Durchmesser) gebohrt waren, die wahrscheinlich mit Pflanzen oder anderen Substanzen aufgefüllt wurden.
Die Samhita des Rig Veda erwähnt die Verwendung von Heilkräutern. Innerhalb der mythologischen Erzählungen von Wunderheilungen durch die Asvins, ein Zwillingspaar von Göttern, die Blinde sehend und Lahme gehend machten (I.112.08, I.112.16), kann eine Stelle (I.116.15) als Hinweis auf die Verwendung von Beinprothesen ausgelegt werden. Von einigen Leuten wird I.34.06 als früher Hinweis auf das Konzept der sog. drei doshas verstanden. Der Atharva Veda enthält demgegenüber eine große Anzahl von Zauberformeln (Bhaishagykni) zur Bekämpfung von Krankheiten mit magischen Mitteln, entweder durch Beschwörung der Götter, von Amuletten oder bestimmter Heilpflanzen. Als Ursache der Krankheit wird dabei die Bestrafung durch einen Gott, der Angriff durch einen Dämon oder die Verzauberung durch einen Feind verstanden.
Bereits im 6. Jh. v. Ch. beschrieben die indischen Ärzte die menschliche Anatomie (Sehnen, Nervengeflecht, Muskeln, etc) sehr genau und hatten ein gutes Verständnis der menschlichen Verdauung und des Blutkreislaufs. In Sri Lanka gab es in 427 v. Ch. die ersten Spitäler. Der buddhistische König Ashoka ließ im 3. Jh. v.Ch. im zweiten Felsenedikt schreiben, dass Spitäler für Menschen und für Tiere errichtet wurden, und dass hierfür Heilpflanzen importiert und angebaut wurden.
Im ältesten erhaltenen medizinischen Werk, der Charaka Samhita (siehe unten), werden Krankheiten vor allem auf die Sünden (doshas) des Menschen zurückgeführt; der Begriff dosha erfährt später bei den Ayurveda-Anhängern eine Umdeutung.
Plato hatte eine ähnliche Theorie wie die ayurvedische Theorie der Tridosha, in Platos System beruht die Gesundheit auf einem harmonischen Gleichgewicht zwischen den drei Elementen Pneuma (Wind oder Vata), Chole ("Galle", Feuer oder Pitta) und Phlegma (Wasser oder Kapha). Wie der französische Indologe Jean Filliozat schrieb, ist diese Theorie möglicherweise vedischen Ursprungs, da diese Doshas, und besonders die Beziehung zwischen Galle und Feuer schon in der vedischen Literatur bekannt waren. Außerdem, so sagt er, gibt es mehrere direkte Referenzen in der hippokratischen Sammlung, dass einige indische Arzneien und medizinische Rezepte in Griechenland übernommen wurden.

Referenzen
Fielding Hudson Garrison: History of Medicine. Philadelphia, 1929.
Gerrit Jan Meulenbeld: History of Indian Medical Literature, 1999-2002, Groningen: E. Forsten. 5v.
Will Durant: Das Vermächtnis des Ostens, ISBN 1567310125
Filliozat, Jean:. "The Expansion of Indian Medicine Abroad" in India's Contribution to World Thought and Culture, edited by Lokesh Chandra (Madras, 1970)

Gesundheitsgefahren und Kritik
Unter Umständen problematisch stellt sich teilweise die deutsche Ayurveda-Szene dar, welche weitgehend von einer religiösen Gruppierung dominiert wird. Es empfiehlt sich also bei Interesse den Anbieter zu überprüfen, es sei denn, man hat keine Berührungsängste vor Inhalten, die mit Ayurveda weniger zu tun haben.
Schwermetalle, besonders Blei, verunreinigen nicht selten Medikamente traditioneller indischer Medizinrichtungen, über Vergiftungen durch ayurvedische Medikamente gibt es medizinische Berichte. Offenbar kontrollieren einige Hersteller die unter Verwendung von Pflanzenaschen gewonnenen Präparate nicht ausreichend auf Schwermetallbelastungen (Lit.: Ernst, 2002). In einem dargestellten Fall wurden sieben Monate lang Weihrauchpillen gegen chronische Polyarthritis eingenommen und führten zum Bild einer schweren Bleiintoxikation mit Verdauungsstörungen, hämolytischer Anämie und Lähmungen bei einem Bleigehalt des Blutes von 852 mg/l, der obere Grenzwert ist 100 mg/l (Lit.: Schilling, 2004).
In Indien müssen Ayurveda-Ärzte genauso wie Schulmediziner studiert haben! Es ist ein eigener, vollständiger Studiengang und wird an rund 40 indischen Universitäten gelehrt. Seit Ayurveda im Zuge der "Wellness-Welle" zum Modetrend geworden ist, gibt es (vor allem im Westen) jede Menge Scharlatane, die im Ayurveda keine Berufung sehen, sondern eine Möglichkeit, möglichst schnell möglichst viel Geld zu verdienen. So ist es durchaus üblich, dass manche Personen einen Wochenend-Crash-Kurs belegen und sich anschließend Ayurveda-Therapeut/in nennen. Dieser Begriff ist leider nicht geschützt, jede/r könnte sich so nennen. Es gibt natürlich auch viele seröse, gut ausgebildete Anbieter. Aber man sollte schon sehr kritisch hinschauen und hinterfragen.

Literatur
E. Ernst: Heavy metals in traditional Indian remedies. In: European Journal of Clinical Pharmacology. 57/12/2002 Springer Berlin Heidelberg ISSN 1432-1041 ACT=SRCHA&IKT=8&TRM=1432-1041) S. 891-896
Ulrike Schilling et al.: Bleiintoxikation durch ayurvedische Heilmittel. In: Medizinische Klinik. 8/99/2004 Urban und Vogel München ISSN 1615-6722 ACT=SRCHA&IKT=8&TRM=1615-6722) S. 476-480

Literatur über Ayurveda
Ayurveda: Science of Self Healing, Dr. Vasant Lad, Lotus Press, Twin Lakes, Wisconsin ISBN 0-914955-00-4
Ayurvedic Healing: A Comprehensive Guide, Dr. David Frawley, Lotus Press, Twin Lakes, Wisconsin ISBN 0-914955-97-7
Ayurveda: Nature's Medicine, Dr. David Frawley and Dr. Subhash Ranade, Lotus Press, Twin Lakes, Wisconsin ISBN 0-914955-95-0
Hans Heinrich Rhyner: Das Neue Ayurveda Praxis Handbuch - Gesund leben, sanft heilen, 5. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Neuhausen (Urania)2004. ISBN 3-03819-049-7
Hans H. Rhyner/Kerstin Rosenberg: Das große Ayurveda-Ernährungsbuch - Gesund leben und genussvoll essen, 2. Aufl. Neuhausen (Urania) 2004. ISBN 3-908652-16-2
Gerrit Jan Meulenbeld History of Indian Medical Literature, 1999-2002, Groningen: E. Forsten. 5v.
Filliozat, Jean: The classical doctrine of Indian medicine (1964), English ed. Delhi, Munshiram Manoharlal (orig: La Doctrine classique de la médecine indienne)

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